Liebe Freundinnen und Freunde der Alexander-Technik,

auch dieser Newsletter widmet sich nur einem einzigen Thema, dafür aber etwas ausfühlicher, denn es ist ein entscheidenes Thema: Es geht mal wieder ums Innehalten. 

Viel Freude beim Lesen.

Helmut Rennschuh

Manchmal ist der Reiz (der Stimulus) einfach zu groß,

dann gelingt es uns nicht innezuhalten, „Nein“ zu sagen und zu stoppen. Das kann die unterschiedlichsten Ursachen haben:

  • Der Stimulus kann uns „auf dem falschen Fuß“ erwischen, vor allem wenn wir müde, unruhig  oder nervös sind. 
  • Durch den Stimulus wird eine starke Emotion getriggert. Solche Reaktionen geschehen oft sehr schnell. Vor allem Ärger und Wut können von uns Besitz ergreifen, bevor wir es bemerken. 
  • Der Stimulus tritt nicht nur kurz auf, sondern wirkt über eine längere Zeit, wie das beim Spielen eines Musikinstrumentes oder bei der Computerarbeit der Fall ist.

Wenn dies geschieht, übernimmt ein altes, gewohnheitsmäßiges Reaktionsmuster die Herrschaft. Wir bemerken vielleicht irgendwann, dass wir in ein altes Muster gerutscht sind und damit unbewusst reagieren. An diesem Punkt haben wir mehrere Möglichkeiten: Wir können einfach so weiter machen, uns ärgern, weil wir "versagt" haben, oder aber das, was wir gerade tun, beenden und damit wenigstens mit einiger Verspätung innehalten, um einen Neubeginn zu ermöglichen. Natürlich ist das zuletzt Genannte die beste Lösung. Außerdem ist Folgendes wichtig: Statt uns zu ärgern, sollten wir die Sache mit Humor sehen und unsere Schlüsse ziehen:

  • Wir könnten unser Leben so planen, dass wir seltener in Situationen geraten, in denen wir müde, unruhig oder nervös und damit überfordert sind.
  • Wir könnten Emotionen wie Ärger und Wut beobachten und uns klarmachen, dass sie nicht nur etwas Persönliches sind, sondern vor allem etwas, das zur menschlichen Natur dazugehört. (siehe unten: Eckhart Tolle liest über den „Painbody“)
  • Wir können immer wieder Pausen einplanen, bei denen wir zur Ruhe kommen. Beispielsweise können wir uns beim Üben am Musikinstrument einen Plan machen (etwa: eine halbe Stunde Üben, dann fünf Minuten Liegen, dann wieder eine halbe Stunde Üben usw.) oder die Arbeit am Computer durch kleine Spaziergänge unterbrechen (und wenn es nur der Weg zur Teeküche oder zur Toilette ist, durch den wir uns von der Arbeit lösen und wieder ganz bei uns ankommen). 

Natürlich nimmt unsere Fähigkeit innezuhalten und zu stoppen, je mehr Erfahrung wir mit der Alexander-Technik (im Unterricht und beim eigenen Experimentieren) sammeln, immer weiter zu. Doch egal wie groß diese Fähigkeit auch sein mag, immer gibt es Reize, die noch größer sind. Umgekehrt können wir aber auch jedem Reiz Herr werden, wenn wir unser Fähigkeit innezuhalten weiter vertiefen. Die unmittelbare Reaktion auf einen Reiz, dem wir heute vielleicht noch ausgeliefert sind, können wir mit mehr Übung (vielleicht in einem Jahr) erfolgreich stoppen. Dabei ist es wichtig, Innehalten nicht mit Unterdrücken zu verwechseln.

Zitat

Marjory Barlow im Gespräch mit Trevor Davies:

TD: War Alexander von Natur aus ein geduldiger Mensch? Ober war seine Geduld das Ergebnis von Jahren des Arbeitens mit dem Innehaltens und den Direktiven?

MB: Oh ja absolut, es war seine Arbeit. Als er jung war, befürchtete man, er könnte eines Tages jemanden umbringen. Wenn er sah, dass ein Tier schlecht behandelt wurde oder dass jemanden geschlagen wurde, sah er rot! Er wußte dann nicht war er tat.... Ich glaube nicht, dass es irgendwelche Zweifel daran geben kann, dass der Charakter und das Auftreten, so wie ich es kannte, das Ergebnis  von jahrelanger, bewusst gesteuerter Anwendung seiner Arbeit war.

aus: An Examined Life S. 4  (Orginal in Englisch)            

Anmerkung: Alexander nannte seine Methode nicht "Alexander-Technik", sondern sprach von "the work".

Vorgelesen

Eckhart Tolle liest aus seinem Buch Jetzt. Es sind Passagen, die vom "Schmerzkörper"  handeln. Mit diesem Modell des "Painboby" lässt sich erklären, warum wir in bestimmten Situationen sehr schnell und oft auch sehr ärgerlich oder wütend reagieren.

1. Teil: https://www.youtube.com/watch?v=Sb_YCOkbh8A
2. Teil: https://www.youtube.com/watch?v=WUsoHkPogY0&t=21s

Literatur

Eckhart Tolle: Jetzt!
Das Buch beschreibt, wie wir wacher und präsenter durchs Leben gehen können.

Jonathan Haidt: Die Glücks-Hypothese
Unter anderem erfährt man hier etwas über bewusste Steuerung. Jonathan Haidt vergleicht darin unseren bewussten Anteil – die präfrontale Rinde – mit einem Reiter  auf dem Rücken eines Elefanten, der diesem hilft, bessere Entscheidungen zu treffen. Der Elefant steht für das Stammhirn, aber mehr noch für das limbische System.

Rick Hanson und Richard Mendius: Das Gehirn eines Buddha
Auch hier geht es um bewusste Steuerung.  Hanson und Medius beschreiben, wie wir  –  als präfrontale Rinde, d.h. als bewusster Anteil – mit einem „Eidechsen-Eichhörnchen-Affen-Gehirn“ in unserem Kopf leben und dass dieses aus so verschiedenen Teilen zusammengesetzte Gehirn, wenn wir nicht achtsam sind, in einem von unten nach oben laufenden Prozess unsere Reaktionen formt.

Die nächsten Kurse in Weimar:

15. – 17. Juni 2018: Gehen und Sehen
13. – 15. Juli 2018: Alexander-Technik und Meditation

Alle anderen Termine finden sich unter: 

www.zeitlos-weimar.de/termine.html

Impressum: Helmut Rennschuh, Am Horn 25, 99425 Weimar
Tel.: (0 36 43) 77 72 82, E-Mail: hr@alexandertechnik-rennschuh.de,
Internet: www.alexandertechnik-rennschuh.de

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