Liebe Freundinnen und Freunde der Alexander-Technik,

es war ein sehr heller, langer, sonnenreicher Sommer, ein Sommer, den man vor allem am See und am Meer genießen konnte. Es war allerdings auch ein Sommer, in dem sich die Antwort auf die Frage, was schönes Wetter ist, bei vielen geändert hat: Manchmal ist eben auch ein kühler Regentag schön. Neue Erfahrungen führen zu neuen Fragen und zu neuen Antworten auf alte Fragen.
Viel Freude beim Lesen.

Helmut Rennschuh

Inwieweit bezieht sich das Innehalten auch auf Gefühle?

Um diese Frage zu beantworten gilt es Zweierlei zu bedenken:

  • Innehalten sollte nicht als Unterdrücken oder Verdrängen missverstanden werden, denn wahres Innehalten geschieht mit umfassender Wahrnehmung und hellwachem Bewusstsein.
  • Jede Handlung und jeder Gedanke wird nicht nur begleitet von einem Gefühl, sondern Gefühle sind so etwas wie die treibende Kraft, die unseren Gedanken und Handlungen eine gewisse Richtung gibt. 

Hat man dies erkannt, so wird man versuchen, die im Moment des Innehaltens vorherrschenden Gefühle wahrzunehmen und sich bewusst zu machen. Zwei Beispiele:

  • Es gibt wieder mal viel zu viel zu tun. Wir sind im Erledigungsmodus. Doch plötzlich wachen wir kurz auf. Bemerken unsere Rastlosigkeit und haben nun die Wahl: Wir können beispielsweise in unserem Tätigsein fortfahren und uns vornehmen, nach vollbrachter Arbeit ein wenig zu ruhen. Oder wir können uns im Moment des kurzen Aufwachens etwas Zeit nehmen und spüren, wie es uns vorwärtsdräng. Dabei können wir für einen Moment das Gefühl wahrnehmen, keine Zeit zu haben, und es mit dem inneren Zustand vergleichen, den wir vielleicht erst kürzlich in der Meditation oder im Urlaub erlebt haben.
  • Wir "arbeiten" an uns. Wir "üben" das Hinsetzen. Wir haben zwar viel Zeit, doch bemerken wir, dass wir die Bewegung gut-machen wollen. Schließlich wollen wir Fortschritte machen beim Lernen der Alexander-Technik. Wenn wir uns in diesem Moment nicht nur die Anweisungen für Hals, Kopf, Rücken und Knie geben, sondern das Gefühl von Richtig-Sein-Wollen wahrnehmen - ein Gefühl, das mit der Angst zu tun hat, einen Fehler zumachen -, dann können wir uns auch hier an einen Moment erinnern, in dem wir in Ruhe und Zufriedenheit frei davon waren, etwas erreichen zu wollen.

In beiden Fällen ist es wichtig, sich nicht zu verurteilen. Es gibt zwar Gefühle, die hilfreicher sind als andere, weil sie uns freier und leichter sein lassen, doch auch ein Gefühl von Angst möchte erfahren oder wenigstens gesehen und nicht unterdrückt oder einfach weggeschoben werden. Statt verurteilt, sollte es wahrgenommen werden. Erst durch Wahrnehmung kann man es loslassen.

Natürlich braucht es für für ein derartiges Experimentieren zunächst viel Zeit. Es wird nur in wenigen Momenten möglich sein, in denen wir das Wahrnehmen der zugrundeliegenden Gefühle exemplarisch üben können. Es mag auch eine ganze Zeit dauern, bis wir dazu in der Lage sind, in Alltagssituationen in dieser Weise innezuhalten. Doch wenn es uns gelingt, stärken wir den Beobachter in uns und gewinnen Freiheit - zwei entscheidende Orientierungspunkte bei der Arbeit mit der Alexander-Technik.

Zitat

F.M. Alexander in seinem ersten Buch "Man´'s Supreme Inheritance":

Welchen Namen wir dem Großen Ursprungs des Universums auch geben, mit den Wortens eines Freundes von mir "wir können alle zustimmen, ...dass wir dasselbe meinen, nämlich jene erhabene Kraft in der Seele des Menschen, die ihn dazu befähigt, etwas zu wollen, zu handeln oder zu sprechen, nicht grob und wild drauflos, sondern indem er sich einer allwissenden und unsichtbaren Macht unterwirft."                                                                    (aus dem 2. Absatz des ersten Kapitels)

Anmerkung: Alexanders Beschreibungen sind oft sehr indirekt. So auch hier. Er vermittelt in dieser Weise zwar eine deutliche Ahnung, von dem, was er zum Ausdruck bringen möchte, vermeidet es jedoch, sich durch Begriffe wie "Gott" oder "Naturkräfte", durch ein bestimmtes Glaubens- oder Weltanschauungssystem einengen zu lassen.

Bewegte Bilder

MRT-Filmaufnahmen vom Sprechen. Die Person liegt, obwohl es nicht so scheint. Es ist schön zu sehen, wie frei beweglich der Unterkiefer ist und mit welch virtuoser Geschicklichkeit sich die Zunge bewegt.

https://www.youtube.com/watch?v=6dAEE7FYQfc

Literatur

Eckhart Tolle: Jetzt!
Das Buch beschreibt, wie wir wacher und präsenter durchs Leben gehen können.
(Empfehlung für diejenigen, die den Newsletter zum ersten Mal bekommen)

David R. Hawkins: Loslassen. Der Pfad der widerstandslosen Kapitulation
Ein recht leicht lesbares Buch, das das Thema "Loslassen" in einer sehr tiefen Weise behandelt, nämlich als den effektiven Weg zum spirituellen Wachsen und Erwachen. Hawkins war Arzt und Psychologe und wie Eckhart Tolle jemand, den das Leben ganz und gar in den gegenwärtigen Moment und damit zu einem hellwachen Bewusstsein geführt hat.

Die nächsten Kurse in Weimar:

7.-9. Dezember 2018: Innehalten

Die Kursseite Zeitlos-weimar.de ist für einige Zeit in Überarbeitung.

Impressum: Helmut Rennschuh, Am Horn 25, 99425 Weimar
Tel.: (0 36 43) 77 72 82, E-Mail: hr@alexandertechnik-rennschuh.de,
Internet: www.alexandertechnik-rennschuh.de

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